Schreiben auf Deutsch & Slowakisch

Zwei Sprachen, zwei Seelen, eine Geschichte. Als ich in einem kleinen slowakischen Dorf aufwuchs, waren Bücher meine Zuflucht. Die Worte meiner Muttersprache formten meine Fantasie, prägten die Art, wie ich die Welt sehe. Heute lebe ich in Österreich, schreibe düstere Geschichten, und stehe vor der schönsten Herausforderung meines Lebens: Meine Welten in beiden Sprachen zum Leben zu erwecken.

"Vergiss niemals deine Wurzeln. Denn sie formten dich."

Wo alles beginnt: Slowakisch als Ursprung

Viele Autoren, die im Ausland leben, schreiben in der Sprache ihrer neuen Heimat. Ich nicht. Jede meiner Geschichten beginnt auf Slowakisch. In der Sprache meiner Kindheit, meiner Träume, meiner dunkelsten Fantasien.

Wenn ich die ersten Worte einer neuen Geschichte tippe, sind es slowakische Wörter. Wenn Abby zum ersten Mal Luzifer begegnet, wenn die Protagonisten im Labyrinth der Finsternis ihre Ängste konfrontieren, wenn in der dystopischen Welt von ETERNUM das erste Experiment fehlschlägt, all das entsteht zuerst in meiner Muttersprache.

🇸🇰 Warum Slowakisch zuerst?

Die Sprache meiner Kindheit ist die Sprache meiner Emotionen. Wenn ich Horror schreibe, wenn ich düstere Atmosphäre schaffe, wenn meine Charaktere leiden, das kann ich am authentischsten auf Slowakisch ausdrücken. Es ist die Sprache meines Herzens, die Sprache, in der ich fühle.

Der Tanz zwischen zwei Welten

Mein Schreibprozess ist wie ein Tanz, ein ständiges Hin und Her zwischen zwei Sprachen, zwei Kulturen, zwei Versionen derselben Geschichte. Und dieser Tanz macht meine Bücher zu dem, was sie sind.

Phase 1: Die slowakische Geburt

Zuerst schreibe ich das komplette Manuskript auf Slowakisch. Kapitel für Kapitel, Szene für Szene. Ich tauche ein in die Welt meiner Charaktere und schreibe, als wäre ich wieder in jenem kleinen Dorf, umgeben von den Geschichten und Legenden meiner Kindheit.

Dann folgen die Überarbeitungen. Nicht nur eine, mehrere. Ich lese, streiche, schreibe um, verfeinere. Jeder Satz muss sitzen, jede Emotion muss spürbar sein. Erst wenn die slowakische Version für mich perfekt ist, erst dann mache ich den nächsten Schritt.

Phase 2: Die deutsche Transformation

Jetzt kommt die Übersetzung ins Deutsche. Aber das Wort "Übersetzung" wird dem Prozess nicht gerecht. Es ist eine Transformation.

Während ich übersetze, korrigiere ich laufend. Ein Satz, der auf Slowakisch perfekt klingt, funktioniert vielleicht im Deutschen nicht. Eine Metapher muss angepasst werden. Ein Dialog bekommt einen anderen Rhythmus. Das Deutsche ist präziser, strukturierter, es zwingt mich, manche Szenen neu zu denken.

🇩🇪 Die deutsche Stimme

Das Deutsche ist die Sprache, mit der ich meine Geschichten in die Welt bringe. Nach über 20 Jahren in Österreich ist es zur Sprache meines Alltags, meines Berufslebens geworden.

Phase 3: Die Rückkehr zu den Wurzeln

Und hier wird es interessant: Wenn die deutsche Version steht, gehe ich zurück zur slowakischen Version. Denn während der deutschen Überarbeitung habe ich Dinge verbessert, Szenen geschärft, Dialoge präziser gemacht.

All diese Verbesserungen fließen jetzt zurück in die slowakische Version. Ich überarbeite erneut, bis ich die perfekte slowakische Fassung habe, eine Version, die von beiden Sprachen profitiert hat, die das Beste aus beiden Welten vereint.

🇸🇰 Slowakisch

  • Emotional, melodisch
  • Sprache meiner Kindheit
  • Reich an Gefühlsnuancen
  • Ursprung jeder Geschichte
  • 7 grammatikalische Fälle

🇩🇪 Deutsch

  • Präzise, strukturiert
  • Sprache meines Alltags
  • Komplexe Satzkonstruktionen
  • Brücke zur Welt
  • Zusammengesetzte Wörter

Eine Herzensangelegenheit

Warum mache ich mir diese Mühe? Warum dieser aufwendige Prozess, dieses ständige Hin und Her?

Es ist eine Herzensangelegenheit.

Meine Bücher auf Slowakisch zu veröffentlichen bedeutet mehr als nur kommerzielle Überlegungen. Es bedeutet, meinen Wurzeln treu zu bleiben. Es bedeutet, slowakischen Lesern zu zeigen: Ja, wir können Dark Fantasy. Ja, wir können Horror. Ja, unsere Sprache ist perfekt für düstere, intensive Geschichten.

"Deine Wurzeln zu vergessen bedeutet, einen Teil deiner Seele zu verlieren. Ich schreibe auf Slowakisch, weil diese Sprache mich zu der Autorin gemacht hat, die ich heute bin."

Mein Rat an zweisprachige Autoren

Falls du selbst zwischen zwei Sprachen lebst, falls du darüber nachdenkst, in beiden zu schreiben:

  • Schreibe zuerst in der Sprache deines Herzens, nicht in der Sprache, die "logischer" erscheint
  • Übersetze nicht einfach, transformiere, interpretiere neu, lasse beide Versionen eigenständig atmen
  • Nutze den Vorteil beider Sprachen, lasse Verbesserungen aus einer Sprache in die andere zurückfließen
  • Sei geduldig, zwei Versionen zu perfektionieren dauert länger, aber das Ergebnis ist es wert
  • Vergiss niemals deine Wurzeln, sie sind deine größte Stärke, nicht deine Schwäche
"Zweisprachig zu schreiben ist nicht doppelte Arbeit, es ist doppelte Liebe."

Meine nächsten Abenteuer warten bereits darauf, entfesselt zu werden, zuerst auf Slowakisch, dann auf Deutsch, dann wieder auf Slowakisch. Ein endloser Tanz zwischen zwei Sprachen, zwei Welten, zwei Seelen meiner Geschichten.

Und ich würde es nicht anders haben wollen.

Spomínaj na svoje korene. Formovali ťa.
Vergiss niemals deine Wurzeln. Sie formten dich.

🖤 Jana